— ZANT.AT — Super Game Boy – Als Nintendo Spiele hybrid machte

Text: Daniel Zant

Es war im Jahre 1989, als sich ein klobiger, kleiner, grauer, tragbarer Kasten anschickte, die Welt des mobilen Videospielens salonfähig zu machen, ja sogar das Synonym für das Spielen unterwegs zu werden – und quasi die erste Welle des Casual Gamings lostrat, falls man das so sehen möchte.

Dies ist eine Geschichte, die schon dutzendfach erzählt wurde und die Videospieler auf der ganzen Welt immer wieder verzückt, und dabei Themen behandelt wie: Warum war das so, was hat die Konkurrenz falsch gemacht, wieso wurde Tetris zu einer weltweiten Sensation durch die Game-Boy-Version und so weiter. Das würde nun aber in einem Artikel über den Super GameBoy eben jenen nur zur Randfigur machen, deswegen sparen wir das bereits altbekannte einfach aus und steigen direkt im Jahr 1994 ein.

Obwohl, ganz ohne den Ur-Game-Boy geht es natürlich nicht, da er ja die Basis dessen ist, was den Super Game Boy ausmacht. Aber braucht man tatsächlich so etwas wie einen Super Game Boy, wenn man Game-Boy-Spiele sowieso überall spielen kann, wo und wie man will – also eben auch zu Hause? Aber ja, natürlich doch! In Zeiten von Nintendo Switch & Co. mag es schwer vorstellbar sein, aber Anfang bis Mitte der 90er war es eine Sensation: Die Nutzung ein und derselben Cartridge sowohl am TV-Schirm als auch unterwegs hatte es davor im Konsolenbereich einfach nicht gegeben. Nüchtern betrachtet: Die Meisten, die einen Super Game Boy besessen haben, sahen diesen eher als optionale technische Aufbesserung ihrer bereits vorhandenen Game-Boy-Spielebibliothek oder haben gar den originalen Game Boy gleich für immer in den Schrank verfrachtet. Denn der Super Game Boy machte aus den bereits bekannten vier verwaschenen Graustufen des quadratischen Dot-Matrix-Displays optisch etwas, das die Spiele deutlich hübscher aussehen ließ. Und SNES-Besitzer, die sich bis dahin erfolgreich gegen das mobile Spielvergnügen gewehrt hatten, konnten damit aus dem Fundus einer großen Game-Boy-Spielebibliothek schöpfen – wobei diese Nutzer eher nicht das Gros der Käufer ausgemacht haben dürften. Apropos unterrepräsentiert: Wer bis 1994 noch kein SNES besaß und einen Super Game Boy wollte, konnte sich nun auch die unglaubliche Kombination beider Geräte im „More Fun Set“ zulegen – ein unschlagbares Paket für spätentschlossene Nintendo-Jünger.

Verpackung Vorderseite
Verpackung Rückseite
Inkludierter Super-Game-Boy-Spieleberater
Super-Game-Boy-Spieleberater von Innen

Um auf den Punkt zu kommen und damit für all jene, die vom Super Game Boy bis heute nichts mitbekommen haben: Was ist das eigentlich? Die deutsche Wikipedia bezeichnet den Super Game Boy treffend als „Aufsteckmodul für das Super Nintendo Entertainment System“, mit welchem es möglich ist, „Spiele für den Game Boy mit dem SNES zu spielen“ (Stand: Oktober 2019). So weit, so gut. Aber auch wieder ein klein wenig zu einfach: Wie schon erwähnt machte der Super Game Boy technisch einiges besser als sein grauer Urahn. Gut, was er nicht konnte, war das mobile Spielen – ist klar, wenn er in einer verdrahteten Videospielkonsole steckt, die an den Fernseher gekoppelt ist. Da es keine entsprechende Schnittstelle gab, war es leider nicht möglich, zwei Super Game Boys miteinander zu verbinden. Und sonst? Die Werbung von 1994 pries an, dass die Game-Boy-Spiele nun vielfach größer am TV-Bildschirm und zudem in Farbe erstrahlen, außerdem der Stereosound für hörbaren Genuss sorgt. Wenn das mal kein Grund ist… Gut, was war noch ein Vorteil? Man konnte nun auch im Dunkeln an der hell erleuchteten Röhre zocken, ohne Zuhilfenahme von irgendwelchem Zubehör. Und der Nacken wurde auch etwas entlastet. Das sind aber offensichtliche Tatsachen.

DIE TECHNIK UND DIE FARBEN

SGB-EVA2 PCB Front
SGB-EVA2 PCB Rückseite
Erstellen eines neuen Rahmens

Im Grunde schlummert in dem von Hori produzierten Super Game Boy eine zur Handheld-Variante fast identische Hardware-Konstellation rund um einen Zilog Z80, nur ohne verbautes Display. Wobei: Die CPU im Super Game Boy war mit 4,295 MHz getaktet und damit um 2,4 % schneller als im originalen Game Boy mit 4,194 MHz, was aber für den Otto-Normal-Verbraucher nicht wahrnehmbar war. Einzig Speedrunner werden diesen minimalen Vorteil für sich zu nutzen wissen, wobei hier allerdings – um die Fairness zu wahren – die erspielten Rekordzeiten auf die Game-Boy-Taktung umgerechnet werden. Am TV-Schirm hatte man, auch aufgrund des Sonderformats, das der Game Boy hatte, nicht das Spiel auf den ganzen Bildschirm gestreckt: Es wurde zwar das Bild des Spielfeldes dezent in die Breite gezogen, aber es blieb genügend Platz zum Ausfüllen mit einem Rahmen, der sich auch individualisieren ließ: Man konnte aus neun verschiedenen, vorgefertigten Rahmen wählen oder selbst einen erstellen – wobei hier auch die SNES-Maus ein sehr hilfreiches Eingabegerät war. Dieser selbst erstellte Rahmen war allerdings nicht speicherbar. Apropos Farbmischerei: Wie kann es möglich sein, dass etwas, das sonst in nur vier Graustufen dargestellt wird, auf einmal bunt sein kann? Ganz einfach, die Game-Boy-Spiele wurden in Wahrheit nicht in vier Graustufen coloriert; es war vielmehr so, dass die Spiele mit Farbcodes arbeiteten, die der Game Boy eigenständig in Graustufen umrechnete – so konnten die Spiele entsprechend am Super Game Boy in Farbe erstrahlen. Einige Farbcodes früher Game-Boy-Spiele hatten eine eigene Ausprägung, wie z.B. in Super Mario Land. Bei manchen Spielen war der Farbcode weise gewählt, sodass z.B. Spielstandsanzeigen am Super Game Boy in ganz anderer Farbe als der Rest des Spiels daher kamen und sich dadurch angenehm abhoben; Metroid II: Return Of Samus ist so ein löbliches Beispiel und lässt schon erkennen, dass mehr als vier Farben gleichzeitig am Super Game Boy dargestellt werden konnten.

Um das Thema Farbe im Spiel ein wenig zu erweitern: Nicht jedem gefiel die Farbpalette, die die Spiele am Super Game Boy mit sich brachten; manche wollten es auch ganz individuell kreativ – all jene konnten sich mit jeweils vier Farben eigene Farbschemata zusammenstellen und während des Spielens zwischen diesen hin- und herwechseln. Dadurch war es möglich, in Windeseile den Spiel-Ausschnitt z.B. von einem saftigen, grünen Wald in nassblaues Wasser zu verwandeln. Nintendo selbst lieferte mit dem gedruckten „Spieleberater“, der den meisten Geräten beilag, für bestimmte Spiele (z.B. Kirby’s Dream Land) Vorschläge für wechselnde Farbpaletten.

Du traust deinen Augen nicht: Alle deine Game-Boy-Spiele erscheinen jetzt vielfach größer auf dem TV-Bildschirm – und in Farbe … Ist doch wie Zauberei, oder? (Nintendo Commercial, 11/1994)

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