Text: Daniel Zant
Pixelästhetik in ihrer schönsten 16-Bit-Pracht vom damaligen Marktführer – mehr müsste man nicht sagen, um damit Videospielern der 90er einen Kaufgrund für Das inoffizielle SNES Pixelbuch zuliefern. Und trotzdem lohnt es sich, abseits dieser offensichtlichen Pixelästhetik einen genaueren Blick in das Buch zu werfen und generell zu prüfen, ob es den Vorschusslorbeeren gerecht wird, mit denen das Werk in der Szene im Frühjahr 2019 bedacht wurde.
Robert Bannert, den viele noch als Ex-Redakteur der MAN!AC oder fun.generation kennen werden, scharte ein erfahrenes Team um sich – unter anderem Thomas Nickel, der unserem Magazin auch immer wieder die Ehre erweist – und vertreibt diesen Schmöker via seiner Webseite elektrospieler.de in Eigenregie. Wenn Sie der Seite einen Besuch abstatten, können Sie gerne ein klein wenig länger verweilen und dort durch allerlei weitere Themen schmökern und vielleicht auch andere Werke dieser Plattform erstehen.
Doch zurück zum Buch. Beginnen wir mit dem Äußeren: Der gewichtige Wälzer in einer fast quadratischen Form – mit einer Mindestseitenlänge von 24,6 Zentimetern – wird in einem schicken, weißen Pappschuber ausgeliefert, welcher sowohl Schlichtheit als auch Eleganz in gleichem Maße vereint. Im oberen Teil prangen mittelgroße Lettern, die „Pixelbuch“ schreiben, unten klein und unscheinbar „SNES“ und in der Mitte eine Collage von vier Artworks diverser SNES-Spiele. Im Zusammenspiel ist alleine das schon ein Pixelgourmetmahl für die Augen. Rückseitig das gleiche Spiel mit vier anderen Artworks. Und wenn Sie das Werk ehrfürchtig dem Schuber entnehmen, ergibt sich ein ähnliches Bild, nur dieses Mal mit schwarzem Hintergrund. Rückseitig wirbt das Buch mit „über 120 elektrisierenden Klassikern“ – eine klare Ansage! Dann wagen wir einen Blick hinein. Was auffällt: die richtige Wahl der Papierstärke mit 150 Gramm. Griffig, nicht zu dick und es scheint auch nichts durch die Seiten durch. So muss ein Buch, das sich mit so einer Thematik beschäftigt, aussehen – well done!
Nach dem kurzen Einleitungstext wagen wir einen prüfenden Blick ins Inhaltsverzeichnis und es lässt sich sagen, dass bezüglich Qualität und Quantität ausgewählter Titel nicht gelogen wurde. Aufmerksame Leser werden dabei darauf hingewiesen, wie sich die Einteilungen der Titel verstehen. Es wird zwar schon von Genres gesprochen/geschrieben, allerdings gibt es bei vielen Titeln verschwommene Grenzen, sodass man sich hier für eine Einteilung in die in den Spielen dominierenden Elemente entschied, was wohl eine gute und verständliche Entscheidung darstellt. So ergeben sich dann auch unter „Adventures und Rollenspiele“ so nette Unterteilungen wie „Das Zelda-Genre“ und die „Dragon-Quest-Schule“ – manch einer wird jetzt mäkeln, dass das den anderen Titeln gegenüber nicht fair sei; im Grunde genommen muss man jedoch zugeben, dass man bei dieser jeweiligen Art von Genre wohl unweigerlich zuerst an eben jene Spiele denkt. Genauso, wie bei „Plattform-Spiele“ neben „Plattform-Action“ und „Plattform-Adventures“ auch der Unterbereich „Das Mario-Genre“ seine Existenzberechtigung hat – wer kann hier widersprechen? Ebenfalls fällt im Inhaltsverzeichnis auf, dass jedes im Buch erwähnte Spiel einen vom Autor auferlegten Titel bekommt wie z.B. „Der Zeitreisende“ für Chrono Trigger oder „Herr der Lüfte“ für Pilotwings, der das jeweilige Spiel wohl gemäß seinem offensichtlichsten Element grob umschreibt. So verkommt es nicht einfach nur zu einer reinen Aufzählung von Spieletiteln.
Am Vorwort merkt der aufmerksame Leser, dass der Schreibstil eher lockerer Natur ist. Und dann geht sie auch schon los, die Pixelparade. Nach 18 Seiten sogenannter Intro-Art werden die in schönster Pixelpracht abgedruckten Spiele leger und doch leicht philosophisch besprochen – ein Ansatz, der teilweise zündet. Und von hier an bis zum Ende des Buches werden die Spiele – mal mehr, mal weniger detailliert – vorgestellt. Manch einem Titel wird auch etwas mehr Pixelart-Freiraum geboten. Abgerundet wird das stimmige und bezaubernde Layout durch Infoboxen, die mit Wissenswertem den Fließtext etwas auflockern. Zusammenfassend kann man sagen, dass hier tatsächlich alle Hausaufgaben gemacht wurden.
Und ehe man sich versieht, ist man am Ende des Buches angelangt und stellt fest, dass es eine schöne Reise war. Unschön ist, dass direkt nach dem letzten Spiel gleich unvermittelt das Spiele-Verzeichnis wartet und man mit einer weiteren – eigentlich liebevollen – Grafik mit einem einfachen und lieblosen „Goodbye“ entlassen wird. Das wirkt in etwa so, als ob man bei einem guten Freund zu Besuch war, über vergangene Tage sinniert, dabei die Uhr vergisst und weiß, dass nun die Zeit zum Gehen gekommen ist. Noch ehe man sich verabschieden kann, wird die Tür geöffnet, man hinaus geschubst und findet sich – schwupps – mitten im Regen wieder; so in etwa fühlt es sich an, wie einen das Buch entlässt. Also hier – das kann gerne als Meckern auf allerhöchstem Niveau angesehen werden – darf durchaus nachgebessert werden. Genau wie bei den häufigen Schreibfehlern, die dem Lektorat anscheinend durchgerutscht sind.
Doch trotz dieser kleinen Nickeligkeiten bleibt es uns auch nach dem Verabschieden beziehungsweise nach der letzten Seite warm ums Herz und wir machen gerne mal wieder einen Besuch bei unserem Kumpel, sollte dieser uns mal wieder einladen, über andere pixelwerfende Maschinen etwas zeigen zu wollen. Auch wenn „inoffiziell“ auf den Umschlag prangt, ein schöneres Werk könnte auch ein offiziell lizenziertes nicht darstellen. Dieses Buch ist seinen Preis allemal wert!
Der Autor
Seitdem Robert Bannert 1994 bei der MAN!AC-Redaktion in die schreibende Zunft einstieg, fährt er zweigleisig – als Autor und als Grafiker. Nach einem zweijährigen Gastspiel bei GT Interactive und Oddworld Inhabitants besetzte Robert bei diversen Games-Publikationen (fun.generation, players, PC JOKER) den Posten des Chefredakteurs, danach rief er mit elektrospieler.de seine eigene Print- und Online-Plattform ins Leben, deren Herausgeber er bis heute ist.
Robert lebt mit einem mehrere tausend Titel starken Spiele-Archiv, ähnlich vielen Comics und umfassendem Konsolen- bzw. Handheld-Fuhrpark im bayerisch-ländlichen Mering, gemütlich gelegen zwischen Augsburg und München. Er ist seit den frühen 90ern bekennender Mac-User – seinen Spiele-PC wirft er fast ausschließlich für Adventures und Indie-Games an, ansonsten greift er lieber zum Konsolen-Pad.
DAS INOFFIZIELLE SNES PIXELBUCH
Erschienen: 2019
Verlag: elektrospieler.de
Bezugsquelle: elektrospieler.de
Buch: 272 Seiten, 39,95 Euro
ISBN: 978-3-9821061-0-6