Text: Daniel Zant
Denkt man an eine Drehorgel – umgangssprachlich auch Leierkasten genannt – werden wohl die Wenigsten freudig in die Luft springen und sagen: „Das wollte ich schon immer mal machen!“
Zu wenig attraktiv wurde dieses Instrument in die Jetzt-Zeit transportiert, auch wenn einige von uns auf einer Kirmes oder sonstigen Parkveranstaltungen als Kind ihm gerne zugehört haben werden. Und doch können sich C64-Spieler mit Crank Crank Revolution nun vom Gegenteil überzeugen und werden erstaunt realisieren, dass das Kurbeln eines Leierkastens durchaus etwas Attraktives an sich haben kann. Die Aufgabe des Spielers besteht darin, einen ganzen Song lang – den Maple Leaf Rag, einem der ersten und bekanntesten Klavier-Rags von Scott Joplin aus dem Jahre 1899 – als Leierkastenmann an seinem Kasten zu kurbeln und dabei von Schaulustigen so viel Geld wie möglich einzunehmen. Dies geschieht, indem der Spieler mit dem Joystick zuerst flott und dann rhythmisch im Uhrzeigersinn dreht, also die Kurbelbewegung am Bildschirm nachstellt und dabei versucht, innerhalb des bunten Bereichs der Anzeige zu bleiben, die rechts unten am Bildschirm zu sehen ist. Man sollte also nicht zu schnell und natürlich auch nicht zu langsam kurbeln, denn das vertreibt sonst die Schaulustigen, die sich bei guter Kurbelei um einen scharen. Wenn man seine Sache jedoch gut macht, werden die Zuschauer gerne dem Musikspiel lauschen und beim abschließenden Verlassen der Szenerie Münzen in den bereitgestellten Teller werfen. Dieses wird ganz klischeehaft von einem Äffchen per Druck auf den Feuerknopf eingesammelt – und das ist immens wichtig, denn: Sollte zu viel Geld offen liegen bleiben, kann es passieren, dass der virtuelle Leierkastenspieler mit dem Gesetz in Konflikt kommt und die Kurbelei abrupt ein Ende findet. Auf der anderen Seite wiederum ist es notwendig, auf dem Teller einige Münzen als Lockangebot liegen lassen, denn mehr Geld auf dem Teller bewirkt auch, dass die Leute größere Spendierhosen haben. Sollte man allerdings ständig perfekt spielen, scharen sich zwar die Massen um einen, aber die werden so sehr in den musikalischen Bann gezogen, dass sie gar nicht erst auf den Gedanken kommen zu gehen – und hinterlassen entsprechend keine einzige Münze. Die Kunst liegt also darin, gut, aber nicht ständig perfekt zu spielen. Diesen Rhythmus hinzubekommen ist nicht einfach: Wie in guter, alter Summer-Games-Manier werden Handgelenke und Joystick sehr beansprucht. Ein toller Spaß also, wenn man an einem geselligen Abend unter Freunden versucht, den Highscore des jeweils Anderen zu überbieten. Technisch läuft alles sauber, die Parkbesucher wippen fröhlich zur Musik, die Tauben suchen nach Futter, die Kurbel dreht sich im Kreis und der Affe tanzt, dass es eine Freude ist. Hören Sie also rein!
Bedanken möchten wir uns bei Erich André Steiner von www.erichs-drehatelier.de für den Text zu den Infoboxen. -dz
Crank Crank Revolution
System: Commodore 64
Datenträger: Download
Preis: kostenlos
Bestellung: bit.ly/ret34l11
Video zum Spiel: bit.ly/ret34v11
Infobox 1 – Technik a la Computer
Die Drehorgel ist eine Art Vorgänger des Computers, denn sie nutzt das Binärsystem. Ihr Musikspeicher, die Lochbänder, ähneln in ihrer Funktion den Lochkarten, die man in frühen Computern als Datenspeicher einsetzte. Das Band besitzt pro spielbarem Ton eine Spur. Loch = Ton, kein Loch = kein Ton.
Infobox 2 – Leierkasten kurz erklärt
Oft verwechselt mit der Drehleier wird die Drehorgel bzw. der Leierkasten, ein heutzutage seltenes Straßenmusik-Instrument. Die handgedrehte Kurbel betreibt eine komplexe Mechanik, die auf physischen Tonträgern (zum Beispiel langen Lochstreifen, früher Stiftwalzen) gespeicherte Musik mit den Pfeifen als Tonerzeugern wiedergeben kann.