Text: Daniel Zant
Hier ist sie nun, die dritte und finale Runde unseres kleinen Berichts über die Welt der Wrestling-Spiele. Lag der Fokus der zwei vorhergehenden Runden auf der Zeit vor 1995 und der Strategie-Simulator-Reihe von Adam Ryland, werden nun modernere Geschütze aufgefahren, um einen krönenden Abschluss zu finden.
Die 32-Bit-Konsolen betraten um 1995 herum das Feld und mit ihnen neue Möglichkeiten der Präsentation, auch dank der großen Speicherkapazitäten der CD-ROM. Somit war es nun möglich, den Wrestling-Arcade-Spielen ein kleines Stück näher zu kommen. Ein Spiel, dass das auch beweisen wollte, war Acclaims WWF Wrestlemania: The Arcade Game, welches neben Arcade auch für SNES, PS1, Sega Mega Drive, 32X und Saturn sowie PC umgesetzt wurde. Das Spiel hatte Anleihen an Mortal Kombat genommen: Moves, Animationen und die Art der Präsentation waren der indizierten Serie durchaus ähnlich. Es spielte sich äußerst unrealistisch und flott, Gegner flogen hoch durch die Luft, begannen zu brennen oder wurden gar im Ring begraben. Präsentationstechnisch konnte man sich nicht beklagen, spielerisch muss einem der monoton anmuten – der Mix aus Wrestling und Mortal Kombat liegen, um es bis zum Ende spielen zu können. Das Spiel hatte sich verkaufstechnisch für Acclaim gelohnt, sodass mit WWF In Your House ein Jahr später ein Nachfolger für PS1, Saturn und PC erschien.
Ebenfalls erschien in diesem Zeitraum das Spiel Toukon Retsuden. Hiervon gab es zwar auch eine US-Umsetzung namens Power Move Pro Wrestling, welche durch Activision vertrieben wurde, diese fand jedoch keine große Beachtung, sodass die Reihe als japanexklusiv bezeichnet werden darf. Das für West-Spieler Besondere an diesem Titel ist, dass er von Yuke’s stammt. Diese manifestieren sich ab der Jahrtausendwende als der Entwickler für Wrestling-Spiele – auch im Westen – und zeichnen sich für die WWE-Serie aus, welche noch immer jährlich erscheint. Diesen Titel kann man daher als Beginn der aktuellen Wrestling-Spiele ansehen. Noch war es allerdings Mitte der 90er, und so versuchten sich noch eine ganze Reihe anderer Hersteller an Wrestling-Games, wie zum Beispiel THQ, die nun die WCW-Lizenz inne hatten und WCW vs. The World (PS1), WCW Nitro (PS1, N64, PC), WCW/nWo Revenge (N64) und WCW/nWo Thunder (PS1) auf den Markt brachten.
Letztgenannter Titel wurde ziemlich negativ aufgenommen, da er quasi eine 1:1-Kopie von WCW Nitro, dem Vorgänger, darstellte. Dreisterweise wurden aus diesem sogar die Cheat-Codes übernommen – doch insgesamt wurde diese Serie an WCW-Spielen recht positiv aufgenommen. In der Zwischenzeit fuhr Acclaim damit fort, die WWF-Lizenz auszuschlachten. WWF War Zone war 1998 das erste echte 3D-WWF-Spiel und erschien für N64, PS1 und Game Boy (dort natürlich in 2D). Ein Jahr später folgte bereits WWF Attitude für die gleichen Systeme inklusive Dreamcast, welches viel Beachtung erhielt. Denn dort konnte man immerhin seiner Kreativität freien Lauf lassen: Create-A-Wrestler, Create-A-Stable, PPV-Mode und Arena-Änderungen waren möglich. Dieses Spiel setzte damit einen erfolgreichen Schlusspunkt in der mehr als zehn Jahre andauernden Zusammenarbeit zwischen Acclaim und WWF. Generell versuchten diese beiden Spiele – WWF War Zone und WWF Attitude – einen etwas realistischeren Ansatz ins Genre zu bringen. So waren etwa sehr viele Manöver möglich – diese alle zu verinnerlichen, kann Wochen in Anspruch nehmen. Das war anscheinend auch Iguana Entertainment bewusst, daher bettete man im Pause-Menü eine Anleitung ein, damit man jederzeit wusste, welche Manöver gerade möglich waren.
Da Iguana/Acclaim zwar nun eine funktionstüchtige Wrestling-Engine besaßen, allerdings keine Lizenz mehr, griff man bei der Nummer Drei am amerikanischen Markt zu: ECW. Diese Lizenz war insofern wichtig, weil ECW zum Jahrtausendwechsel ihren medialen Höhepunkt erreichte und auch in den USA landesweit an Bekanntheit zunahm. ECW Hardcore Revolution hieß die erste Softwareverwertung dieser Kooperation, gleichzeitig das erste Wrestling-Game überhaupt mit Ab-18-Freigabe. Erschienen ist es für Dreamcast, PS1, N64 und Game Boy. Für Dreamcast und PS1 erschien ein halbes Jahr später bereits der Nachfolger ECW Anarchy Rulz, bevor ECW wegen finanzieller Schwierigkeiten von der Konkurrenz (WWF) geschluckt wurde. Das gleiche Schicksal blühte bald der Nr. 2 am Markt, der WCW. Somit waren dies die einzigen beiden Spiele, die je für die ECW erschienen sind.
Apropos WCW: Nachdem sich der bisherige WCW-Lizenznehmer THQ die WWE-Rechte sichern konnte, schnappte sich EA die Rechte an WCW und brachte mit WCW Mayhem und WCW Backstage Assault zwei Wrestling-Games heraus, bevor WCW vom Markt verschwand. WCW Backstage Assault hat insofern ein Alleinstellungsmerkmal, als dass es keine Kämpfe im Ring gibt, sondern diese „nur“ hinter den Kulissen stattfanden, also z.B. in der Umkleidekabine oder auf Parkplätzen. EA fokussierte sich anschließend kampfsporttechnisch auf den MMA- (Mixed Martial Arts) und Box-Bereich.
THQ wiederum, welche nun die Lizenz für WWE, wie sich die WWF seit 2001 nannte, inne hatte (die bis zur Pleite von THQ auch dort verbleiben sollte), überschwemmte den Markt mit unzähligen, meist gelungenen WWE-Spielen für alle möglichen verfügbaren Systeme, die sich auch meist gut verkauften. Zu erwähnen sind Wrestlemania 2000 (N64, GBC) und WWF No Mercy (ebenfalls 2000 für N64) – beide von AKI Corporation, Asmik Ace Entertainment hergestellt. WWE RAW und WWE RAW 2 von Anchor Inc. versuchten, auf dem PC bzw. Xbox Fuß zu fassen. Allerdings war das nicht so von Erfolg gekrönt wie erhofft. Am stärksten und fruchtbarsten zeigte sich dann die Kooperation mit Entwickler Yuke’s, welcher, wie schon erwähnt, seit 1995 die Toukon-Retsuden-Reihe japanexklusiv entwickelte und dort erfolgreich agierte. Begonnen hat diese Kooperation mit WWF Smackdown im Jahr 2000 und sollte, bis auf einige Ausnahmen, bis zur Pleite durch THQ und der WWE-Lizenzübernahme durch 2K Sports, auch so bleiben. Obwohl Yuke’s nun auch WWE-Serien auf anderen Plattformen mit teils anderen Ansätzen als die Smackdown-Reihe erfolgreich veröffentlichte, war es eben diese Smackdown-Reihe (anfangs exklusiv auf Sony-Konsolen), die im Endeffekt das Rennen machte und bis heute erfolgreich geblieben ist: Ab dem Jahr 2006 (mit Smackdown vs. Raw 2007) werden alle gängigen Konsolen mit jährlichen Updates versorgt. Man kann Yuke’s also aktuell als den Wrestlingspiel-Lieferanten schlechthin ansehen.
Alternativ zu dieser Reihe haben sich wiederum einige andere Hersteller mit Wrestlingspielen versucht, wie etwa Midway und South Peak Games mit zwei Titeln zur neuen Nr. 2 im Wrestling-Bereich, TNA. Acclaim probierte es mit Legends Of Wrestling I + II, Konami mit Rumble Roses (PS2) und Rumble Roses XX (X360) – doch in der Rückschau betrachtet waren diese alle nicht so erfolgreich wie die WWE-Spiele.
Und wie es derzeit aussieht, wird sich an diesem Umstand auch nichts ändern. So fest die WWE derzeit den Wrestlingmarkt in der Hand hat, so sicher sieht es mit dem Gespann Yuke’s/2K inklusive der dazugehörigen Lizenz aus. Der Reihe wird zwar in den letzten Jahren Innovationsarmut und miese Grafik vorgeworfen, aber die Wrestling-Fans fühlen sich trotzdem gut aufgehoben mit diesen Spielen.
Was bleibt als Fazit nach drei Runden Rückblick auf die Geschichte der Wrestlingspiele? Genau wie beim richtigen Wrestling kommt es darauf an, ob man damit Spaß haben will oder nicht. Interessiert man sich für diese Art von Unterhaltung und Spiel, wird sich der Spaß ganz sicher einstellen – in diesem Fall hoffen wir, für genügend Überblick und eventuelle Anregungen zum Spielen gesorgt zu haben. Tut man dies allerdings nicht, wird man sich wohl auch nicht überzeugen lassen. -dz