Text: Daniel Zant
Sommer, Strand und Sonnenschein – das ist das erste, woran man denkt, wenn man Toobin‘ zum ersten Mal erspäht. Seine (anfänglich) sommerliche Aufmachung und die dazu passende Musik, die allerdings auch etwas „Treibendes“ hat, lassen erwarten, dass man sich alsbald sonnenbadend an einem traumhaften Strandabschnitt wiederfindet.
Toobin‘ – der Titel leitet sich aus dem Wort toobing bzw. tubing ab, einem Freizeitsport, der auch im deutschsprachigen Raum unter Tubing bekannt ist (siehe Extrakasten) – basiert auf eben jenem Freizeitsport und macht daraus ein hübsches Feelgood-Spiel, so zumindest der erste Eindruck. Der Spieler muss versuchen, seine Spielfigur vom Startpunkt oben zum Ziel am Ende des Flusses unten zu manövrieren, was schon sehr herausfordernd sein kann. Entgegen der zu Beginn eher sommerlich anmutenden Stimmung birgt so ein Flussverlauf nämlich viele Gefahren wie zum Beispiel schießwütige Jäger, schwimmende Baumstämme oder auch Pinguine. Das liegt daran, dass im Laufe des Flussritts immer wieder die Szenarien wechseln. Man startet im anfangs idyllischen Colorado-Szenario und findet sich später in amazonasähnlichen Gebieten wieder. Oder auch am Nil oder den Marskanälen. Die musikalische Untermalung wird je nach Gebiet mitunter auch sehr düster, ganz im Kontrast zum karibisch angehauchten und manchmal schweißtreibenden Feel-good-Thema, welches sich als Ohrwurm festsetzen kann.
Das Spiel wird prinzipiell zu zweit gespielt. Spieler 1: Bif (blonde Haare, rote Badehose, blauer Schwimmreifen); Spieler 2: Jet (schwarze Haare, blaue Badehose, gelber Schwimmreifen). Sollte kein zweiter Spieler zur Stelle sein, übernimmt diese Rolle die CPU, wobei diese einen eigenen Charakter namens Flotsam (bedeutet übersetzt Treibgut) darstellt, der mit seiner bläulichen Haut, den blauen Haaren und der roten Badehose etwas kränklich aussieht. Durch die Farbgebung drängt er sich nicht zu sehr in den Vordergrund, was durchaus angenehm ist, auch wenn er ein ziemlich unangenehmer Genosse sein kann, da sich beide Spieler im Rennen gegenseitig ausspielen müssen – Abdrängen steht hier an der Tagesordnung – um den eigenen Score in die Höhe zu treiben und den des Gegners gering zu halten. Punkte erhält man für jede Art von Bewegung. Außerdem ist es wichtig, durch die Tore zu paddeln, die am Flußweg liegen – doch benötigen Sie dafür mehrere Anläufe, verringert das die erhaltenen Punkte bei Durchfahrt. Genauigkeit ist also gefragt, um den Highscore zu knacken! Allerdings werden Tore mit absteigendem Wert immer breiter, so dass man leichter hindurch fahren kann. Erfolgreich durchfahrene Tore erhöhen den Punktemultiplikator auf den maximalen Wert von fünf. Schätze sammeln und versteckte Buchstaben suchen (um das Wort Toobin‘ zu komplettieren) führt zum gleichen Effekt.
Abgesehen davon sind die einsammelbaren Softdrink-Dosen sehr wichtig. Diese sorgen nicht nur für einen höheren Score, sondern dienen auch als Munition, um sich den Gefahren zu erwehren, die so eine Flussfahrt mit sich bringt. Bis zu neun Stück können eingesammelt werden. Findet man ein Six-Pack, so hat man unendlich Munition bis zum Verlust eines der drei Leben mit denen man startet. Zusätzliche Leben kann man sich erspielen, indem man die dafür notwendige Punktzahl erreicht. Jeder Spieler kann immer nur eine Dose gleichzeitig werfen, Rapid Fire ist somit nicht möglich. Man hat allerdings schon genug damit zu tun, den anderen gefährlich im Wasser treibenden Gegenständen auszuweichen. Wer glaubt, mit Gemächlichkeit allen Gefahren leicht ausweichen und abwarten zu können, wird sich wundern. Ist man nämlich zu langsam, taucht oben am Screen ein Alligator auf, der auch akustisch mit einem an Jaws (Der weiße Hai) angelehnten Sound auf sich aufmerksam macht. Er schlängelt sich von oben in Richtung der Spielfigur, bis er diese schnappt und man somit ein Leben verliert. Verhindern lässt sich das, indem man schnell nach unten paddelt bis der Alligator verschwindet oder man schnell genug durch ein in der Nähe befindliches Tor schwimmt. Mutige können sich übrigens daran probieren, den Alligator abzuschießen.
Ist man am Ziel angelangt, was sehr viel Können abverlangt, wartet am Ende der Stage eine Strandparty. Logisch, nicht? Was sollte sonst jemanden erwarten, der in den letzten Minuten im dichten Dschungel oder Todesgewässern um sein Leben kämpfen musste? Aber dafür ist das Strand- und Urlaubs-Feeling wieder da. Let’s have a party!
Entwickelt wurde der Automat 1988 von Atari. Insgesamt wurden 1.500 Stück produziert, welche zum Preis von 2.395 USD gehandelt wurden. Wie damals üblich, hat Atari auch diesem Automaten ein einzigartiges Design spendiert. Das Marquee war oben etwas länger als üblich und vermittelte – dank rotierender Rollen dahinter – den Eindruck, als ob der dort abgebildete Wasserfall tatsächlich fließen würde. Die Side Arts zeigen sommerlich anmutende Motive mit beiden Spielfiguren. Der eingefasste Monitor ist vertikal verbaut, was dem Hersteller ermöglichte, das Cabinet schmal zu halten. Das Button-Layout des Automaten ist auch einzigartig: Es wurde kein Stick, Paddle oder ähnliches verbaut, sondern fünf Buttons pro Spieler, welche optisch hübsch um die in Schwimmreifen sitzenden aufgedruckten Protagonisten am Control-Panel verteilt sind, so dass man sofort weiß, was welcher Button bewirkt. Ein zentraler Button zum Schießen der Getränkedosen und vier zum Bewegen der Spielfigur – für jeden Arm ein Vor- und Rückpaddel-Button. Die Bewegungspaddel-Buttons einzeln gedrückt lassen die Figur in die gedrückte Richtung drehen und in diese Richtung leicht vor oder zurück bewegen. Das gleichzeitige Drücken beider Vor- oder Zurück-Buttons lässt die Figur gerade nach vorne oder eben zurück schnellen. Nach etwas Eingewöhnung geht die Steuerung recht flott von der Hand. Für das Spiel erschienen unzählige Heimumsetzungen.
Die Technik des Arcade Cabinets
Release: Juni 1988
Herkunft: USA
Main CPU: Motorola 68010 (8 Mhz)
MOS Technology 6502 (1.7895 Mhz)
Sound Chips: Yamaha YM2151 (3.579 Mhz)
POKEY (1.7895 Mhz)